VoloConnect: Tandemflügler mit 6 Rotoren und zwei Schubgondeln
07.06.2022
Noch fliegt der VoloConnect ferngesteuert.
VoloConnect ist eine viersitzige
Neuentwicklung der Karlsruher Fir-
ma Volocopter mit einer Reichweite
von mehr als 100 km und Flugge-
schwindigkeiten von über 250 km/h,
um damit die bisherige Familie der
reinen Kopter zu ergänzen. Die
größere Reichweite und höhere
Nutzlast dieser Neunentwicklung
eröffnen dem UAM-Pionier das
Marktsegment von der Stadt in die
Vororte und darüber hinaus. Er-
reicht wird das durch ein zusätz-
liches Tandem-Flügelpaar. Gemein-
sam mit dem VoloCity, der für den
innerstädtischen Raum entworfen
ist, kann das Unternehmen nun ein
breiteres Spektrum von Flugrouten
bedienen. Die kommerzielle Markt-
einführung des VoloConnect ist für
2026 und des VoloCity bereits für
2024 geplant.
Für diesen Erfolg verantwortlich ist
ein engagiertes Münchner Team
unter der Leitung von Sebastian
Mores, Chief Engineer, welches
den VoloConnect-Prototypen zum
Leben erweckt hat. „Das ist ein
bahnbrechender Moment für uns –
zu sehen, wie der VoloConnect in
den Himmel aufsteigt, markiert für
uns das Erreichen eines unserer
wichtigsten Meilensteine und zeigt,
wozu wir in kurzer Zeit und im Ein-
klang mit der Gesamtstrategie des
Unternehmens zur Entwicklung be-
mannter und unbemannter Flugge-
räte in der Lage sind. Darüber hi-
naus werden zurzeit neue Techno-
logien getestet, die während der
gesamten Programmentwicklung
schrittweise implementiert werden“,
sagte Mores.
Die EVTOL‘s von Volocopter wer-
den entsprechend der Flugsicher-
heitsstandards der EASA entwik-
kelt. Der Prototyp absolvierte sei-
nen Erstflug im Mai 2022 nach nur
17 Monaten Entwicklungszeit und
führte bei seinem Erstflug 2 Minu-
ten und 14 Sekunden lang bereits
verschiedene Flugmanöver durch.
Der aktuelle Prototyp weist alle für
das kommerzielle Produkt geplan-
ten Aerodynamik- und Leistungs-
merkmale auf.
Der VoloConnect ist mit seinem
Lift+Cruise-Design für Strecken
über den urbanen Raum hinaus
geeignet. Sechs Rotoren ermög-
lichen den senkrechten Flug bei
Start und Landung, während zwei
Triebwerke für den Reiseflug ver-
antwortlich sind. Der Prototyp
durchläuft derzeit eine Reihe an-
spruchsvoller Flugtests, bei denen
geprüft wird, ob das Fluggerät ein-
schließlich seiner Systeme den
Leistungsgrenzen entsprechen und
für weitere Entwicklungsschritte be-
reit sind. Diese Phase umfasst eine
Reihe verschiedener Tests, darun-
ter standardisierte Niedrigge-
schwindigkeits-, Übergangs- und
Hochgeschwindigkeitstests für
automatisierte und später auch
autonome Flüge sowie Motoraus-
falltests – allesamt Standardtests
für Hersteller von eVTOL-Flugge-
räten für den Passagierbetrieb. Bei
den ersten drei Testflügen dieser
Kampagne konnte das Team einen
erheblichen Teil des Flugbereichs
mit Vorwärtsgeschwindigkeiten von
bis zu 65 km/h und Seitwärts-Flug-
geschwindigkeiten von 45 km/h
verifizieren. Die Flugbereichs-
grenze wird im Rahmen des Flug-
testprogramms in den kommenden
Wochen erweitert.
Mit der neuen Kombination aus
Tandemflügel und Hubrotoren er-
gänzen die Karlsruher ihr Portfolio
zur Transportdrohne und ihren
Kurzstreckencopter Volocopter
ganz wesentlich im Gesamtziel-
markt. Die Technologie der beiden
Passagierfluggeräte unterscheidet
sich erheblich in ihrem einzigarti-
gen Konfigurationsdesign für ihre
jeweiligen Flugmissionen. Während
das Multicopter- für den Einsatz in
der Innen-stadt konzipiert ist, ist
das Design seiner größeren Lö-
sung, nach dem Lift+Cruise-Prinzip
konzipierten Geschwistermodells
auf längere Einsätze aus der Stadt
in die Vororte und darüber hinaus
ausgerichtet.
Für zukünftige Dienste beabsichtigt
Volocopter, alle drei Fluggeräte
komplett in maßgeschneiderte
UAM-Ökosysteme für Städte zu in-
tegrieren und den gesamten Flug-
betrieb, die gesamte Wartung und
alle Passagierdienste des Unter-
nehmens auf seiner digitalen Platt-
form VoloIQ zusammenzuführen.
„Eine ganze Familie elektrischer
Fluggeräte in der Testflugphase zu
haben, ist eine Pionier-leistung“,
sagt Florian Reuter, CEO von Vo-
locopter. „Die Führungsrolle von
Volocopter in der Branche beruht
auf der Ankündigung von Plänen
und anschließender Umsetzung
durch öffentliche Testflüge. Unsere
Technologieplattform ist die Grund-
lage für die Entwicklung unserer
Fluggeräte und hat gezeigt, dass
sie Ergebnisse mit erstaunlicher
Geschwindigkeit liefern kann. Volo-
copter bringt diese innovativen De-
signs vom Boden in die Luft, und
dann in Städte weltweit!“
Als Pionier der UAM-Industrie wird
Volocopter kommerzielle Dienste
bereits in den nächsten Jahren
anbieten. 2011 gegründet, beschäf-
tigt das Unternehmen über 500
Mitarbeiter in Deutschland und Sin-
gapur und absolvierte über 1500
erfolgreiche öffentliche und private
Testflüge. Volocopter hat in Summe
über € 495 Millionen Kapital von In-
vestoren wie Geely, WP Invest-
ment, die Mercedes-Benz-Group,
DB Schenker, BlackRock u. a. ein-
gesammelt.
Die VTOL-Familie von Fluggeräten
soll Passagieren (VoloCity und
VoloConnect) und Gütern (Volo-
Drone) schnelle, sichere und emis-
sionsfreie Flüge direkt an ihr Ziel
bieten. VoloIQ, die Software für das
UAM-Ökosystem und digitales Ma-
nagementsystem, ermöglicht einen
sicheren und effizienten Betrieb.
Deutsches Start-up plant 9-11-Sitzer in großen Stückzahlen
11.06.2022
Emissionsfrei sollen die Passagiere über Kurzstrecken von A nach B fliegen
Ivor van Dartel, gebürtiger Hollän--
der (38) hatte sich schon als Stu-
dent an der niederländischen Uni-
versität in Delft, die für ihre fort-
schrittliche Luftfahrt-Fakultät be-
kannt ist, sehr früh Gedanken über
eine grüne Zukunft in der Luftfahrt
gemacht. Bei Airbus war er in ei-
nem Teilbereich in Stade zuletzt als
Fertigung-leiter tätig. Im Herbst ver-
gangenes Jahres gab er seinen
Job auf, genauso wie Dr. Sebastian
Seemann, der von der Uni in Stutt-
gart kam und nach seiner Tätigkeit
bei der ZF in Friedrichshafen we-
gen der beabsichtigten Firmen-
gründung für die gemeinsame
Firma Vaeridion ebenfalls seinen
Dienst quittierte.
Ihre Suche nach einem „grünen
Flugzeug“ war die Ausgangslage.
Doch mitentscheidend war das
Wissen, dass in Deutschland, aber
nicht nur hier, sondern in der ge-
samten westlichen Welt Geld zur
Genüge vorhanden ist. Schon be-
reits in der ersten Finanzierungs-
runde kamen über 3,2 Mio. Euro
zusammen. Inzwischen ist auch
eine weitere größere Finanzie-
rungsrunde eingeplant, die das
Zehnfache der jetzigen Summe
einspielen soll.
Gestärkt durch diese Erkenntnis
konzentriert man sich entgegen tra-
ditioneller Kleinflugzeughersteller
darauf ein „Massenprodukt Flug-
zeug“ auf den Markt zu bringen.
Die Eckdaten dazu: Ein einmoto-
riges Flugzeug für 9 Passagiere,
ohne Druckkabine - angetrieben
durch elektrische Energie. Dazu
zwei weitere Plätze für die Piloten,
auch wenn den Passagiertransport
unter gewissen Regularien mit nur
einem Piloten durchgeführt werden
darf. Das Flugzeug soll wie die
meisten einmotorigen Maschinen in
dieser Größenklasse mit 650 Meter
Startbahn auskommen. Das heißt,
dass es allein in Deutschland von
zirka 300 bis 400 Flugplätzen aus
starten könnte.
Das selbstgesteckte Ziel der
beiden Ingenieure ist aber, bis zu
1000 Flugzeuge im Jahr absetzen
zu können. Eine Idee, an die noch
nie Flugzeugbauer auf dieser Welt
an solche gigantische Stückzahlen
dachte. Und das setzt eine teilauto-
matisierte Fertigung voraus. Denn
noch nie wurde im Flugzeugbau
in diesen Größenordnungen, außer
in Kriegszeiten daran gedacht.
Von Hand nieten oder laminieren -
undenkbar! So lassen sich weder
große Stückzahlen produzieren,
noch sind damit niedrige Produk-
tionskosten realisierbar. Die großen
Hersteller haben es ihnen aber
schon vorgemacht. Faserverbund-
strukturen werden dort mittels Ro-
boter vollautomatisch hergestellt.
Der Mensch ist nur noch Helfer zur
Bedienung und Programmierung
dieser speziellen Tape-Legeauto-
maten.
Auch wenn sich die Bahn alle Mühe
gibt, der Lufthansa auf gewissen
Strecken zu trotzen, so haben die
beiden Gründer und Geschäfts-
führer von Vaeridion gerade diese
Strecken unter 500 Kilometer mit
ihrem Einmot im Auge. Interessiert
zeigen sich bereits die skandina-
vischen Staaten wie etwa in Norwe-
gen, wo schon heute kleinere Ma-
schinen eine Art Bedarfsflugverkehr
erfüllen. Aber leider nach wie vor in
Ermangelung an Ersatz für leis-
tungsfähige Elektroflugzeuge noch
mit veralteten Kolben- und Turbo-
propflugzeugen fliegen. Genau das
soll sich so schnell alsbald mit
Vaeridions „Microliner“ verändern.
Der Ausbau der Flugplätze mit der
erforderlichen Infrastruktur zum
Landen der Flugzeuge erfolgt dort
seit letztem Jahr mit rasanter Ge-
schwindigkeit, obwohl bisher nur
einige Pipistrel Velis und wenige
Amateurflugzeugbauten die ersten
Nutznießer sind. Alleine in Norwe-
gen sieht Vaeridion für seine
„Microliner“ die Möglichkeit zum
Absatz von bis zu 1000 Maschinen.
Der Entwurf des „Microliners“ ist
aber als reines Elektroflugzeug an-
gedacht. 2026 soll die erste Ma-
schine ihren Erstflug haben. Auf der
Berliner ILA (22.-26.6.2022) wird
man schon um erste Kunden
werben.
Auch wenn wie bereits im „Handel-
sblatt“ geschrieben wurde, sich Va-
eridion noch auf kein Geschäftsmo-
dell festgelegt hat, so steht heute
dennoch fest, dass zumindest ein
Demonstrator entwickelt werden
soll. Dieses Flugzeug soll zugleich
ein Prototyp zur EASA-Zertifizie-
rung sein. Auch könne man sich
vorstellen, selber Betreiber einer
entsprechenden neuzugründenden
Fluggesellschaft zu werden.
Noch steht man in den Startlöchern
des Start-ups. Neun Mitarbeiter
sind bereits eingestellt. In Kürze
sollen weitere sechs hinzukommen.
Dass man eher durch Zufall auf ein
sehr simp-les Flugzeugdesign ge-
kommen ist, welches einer Extra
400 ähnelt, hängt damit zusam-
men, dass das Hauptaugenmerk
auf einem sehr hochwertigen Flügel
mit sehr hoher Streckung aus rei-
ner Logik heraus fixiert ist. Das er-
gibt sich einfach so. Als Hochdek-
ker lässt sich so ein entsprechen-
der Flügel auch optimaler ausnut-
zen.
Es gibt auch Skeptiker, die generell
den E-Flugbetrieb bezweifeln. An-
geblich sei ein schnelles Laden
nicht möglich. Dem entgegnet die
Firma damit, dass schon heute
Batteriezellen mit 300 Wh/kg ver-
fügbar sind, und dass die Ladezeit
dann nicht mehr als 45 Minuten
betragen werde. Man werde ja in
der Regel keine größeren Strecken
als bis 400 km befliegen.
Der BDLI ermöglicht Vaelidion auf
seinem Gemeinschaftsstand auf
der ILA ein 1:10 Modell zu präsen-
tieren. Zudem werde man sich dort
im Rahmen des ILA Future Lab
beteiligen.
Schon heute interessieren sich be-
sonders kleine Fluggesellschaften
durch konkrete Anfragen, was
durchaus als positives Signal zu
werten ist.
Foto: Messe-Friedrichshafen
Foto: Messe-Friedrichshafen
Foto: Messe-Friedrichshafen
Foto: Messe-Friedrichshafen
Erste Messeeindrücke von der ILA in Berlin. DLR-Konzeptentwurf für ein
Regionalflugzeug, verteilten Antrieben und Brennstoffzellensystem zum
Betrieb mit Wasserstoff.
15.06.2022
Damit erweitert das Volocopter sein Portfolio.
APUS i-2 Demonstrator für Brennstoffzellenbetrieb
Coronabedingt nur maximal 10 000 Besucher pro Tag zugelassen
Zukunfsweisende Technologien werden durch Future Lab vermittelt
Brenstoffzellenflugzeug H2Fly auch auf der ILA präsent
ILA-Neulinge: unter anderem mit Lilium, Volocopter und Vaeridion
Über 100 Jahre Luftfahrtausstellungen: Tradition verpflichtet!
Nach langer Pause kündigt sich
die ILA (22.6. - 26.6.2022) nun
erstmals wieder an, wenn auch
nicht in der Größe wie in den
vergangenen Jahrzehnten.
Deutschlands größte Luft- und
Raumfahrt-ausstellung musste in
jeder Hinsicht Federn lassen.
„The big Airshow“ wird ausblei-
ben, die in der Vergangenheit
Besuchermassen nach Berlin-
Schönefeld lockte und Einzelflug-
vorführungen wird es nur in über-
schaubarer Form geben“, sagte
Heike Hemmer, Projektleiterin bei
der Messe Berlin, denn der Flug-
verkehr darf wegen des norma-
len BER-Flugbetriebs nicht ge-
stört werden. So bleibt es denn
auch nur den ganz großen Air-
shows in Europa vorbehalten,
nämlich Paris und demnächst
auch wieder Farnborough, die
beim Publikum beliebten Dis-
plays zu präsentieren.
Selbst Düsenkunstflugstaffeln, die
Highlights der ILA, sind nicht mehr
gewünscht und auch die Static Dis-
plays sind extrem geschrumpft. In-
sider behaupten, es seien nur noch
die Zurschaustellung von Airbus
und den Militärs. Fast hätte man die
gesamte ILA sogar komplett in die
Messe-hallen am Berliner Funk-
turm verlegt. So bleibt doch noch
wenigstens etwas Airport-Feeling
erhalten, wenn vermischt mit ge-
legentlich verbranntem Kerosin-Ge-
ruch, doch ein Eurofighter und mit
Sicherheit auch Deutschlands zu-
künftiger F-35 Lightning FII Bomber
neben einem Airbus A350-900 mit
seinen Flügeln Auftrieb verliehen
wird. Und coronabedingt werden
keine 180.000 Besucher erwartet
werden können, sondern nur etwas
um das Doppelte der diesjährigen
AERO, die ebenfalls nur Einlass für
bereits vorher registrierte Besucher
gewährte. Aufgrund der Hygiene
und Sicherheitsmaßnahmen dürfen
täglich nur maximal 10.000 Besu-
cher das Messegelände betreten.
Letztendlich ein Handicap mit dem
für Veranstaltungen solcher Art
nicht zu spaßen ist, weil auch ein
Ende der Pandemie nicht abzu-
sehen ist. Die Messeleitung ver-
sucht dennoch zusammen mit dem
BDLI Innovationen, die neuen
Technologien und besonders was
das Thema Nachhaltigkeit betrifft,
ausgewogen zu präsentieren.
So werden auf insgesamt fünf live-
STAGES zukunftsweisende Tech-
nologien und Forschungsschwer-
punkte der Luft- und Raumfahrt
aufgegriffen. Nachhaltige Luftfahrt-
kraftstoffe, Luftfahrzeuge und de-
ren Antriebe sowie die Digitalisie-
rung der Industrie sind ein präsen-
tierter Fokus. Herzstück der ILA
STAGE ist das Future Lab, ge-
meinschaftlich ausgerichtet vom
Bundesministerium für Wirtschaft
und Klimaschutz (BMWK) und dem
Bundesverband der Deutschen
Luft- und Raumfahrtindustrie
(BDLI). Nachhaltigkeit und der Weg
zum klimaneutralen Fliegen bis
2050 sind Kernthemen der ILA, und
das Future Lab transportiert diese
direkt in die Messehallen: Auf der
Bühne des ILA Future Lab stehen
Pioniere und Innovationen von heu-
te im Vordergrund, die die grüne Zu
kunft des Fliegens von morgen er-
lebbar machen. Wie erreicht man
das Ziel der Klimaneutralität in den
kommenden drei Jahrzehnten und
welche Innovationen, Disruptionen
und Flankierungen sind erforder-
lich, um die Luftfahrt fit für die
klimaneutrale Zukunft zu machen?
In erster Linie werden Elektroflug-
zeughersteller aus Kostengründen
fehlen, doch sie sie werden sich mit
Sicherheit noch stärker auf der
jährlichen AERO etablieren. Immer-
hin darf mit Erstaunen festgestellt
werden, dass sich Deutschlands
eVTOL-Hersteller Lilium erstmals
der Öffentlichkeit vorstellt. Auch
Volocopter, einer der ganz großen
Pioniere für Citycopter wird nicht
fehlen. Und mit Spannung werden
im Rahmen von Future Lab Vor-
träge wie der des Start-ups Vaeli-
dion sein, den Nahluftverkehr auf
andere Art zu lösen zu wollen.
Eine ILA 2022 wird auch Testballon
sein, deren Ursprünge mit der Int-
ernationalen-Luftschifffahrt-Aus-
stellung in Frankfurt 1909 die erste
und bedeutendste Flugausstellung
ihrer Art des 20. Jahrhunderts war.
Sie fand über einen Zeitraum von
100 Tagen, vom 10. Juli 1909 bis
zum 17.Oktober 1909 in Frankfurt
am Main statt und war unter an-
derem Wegbereiter der späteren
Internationale Luft- und Raumfahrt-
ausstellung (ILA), die erst 1992 von
Hannover nach Berlin umzog.
Auch wenn Bundeskanzler Olaf
Scholz kommende Woche die ILA
eröffnen wird, so ist es noch lange
keine Garantie für die teilweise po-
litisch gewollte und staatlich unter-
stütze Messe und deren Fortbe-
stand am Standort Berlin. Zu un-
günstig dafür auch die Rahmenbe-
dingungen. Möglicherweise erfolgt
die Antwort nach dem 26. Juli 2022.
Zu den Highlights der Ausstellung
im Bereich Future Lab zählt das
Modell des viersitzigen Wasser-
stoff-Brennstoffzellen betriebenen
Flugzeugs H2Fly. Dieses Flugzeug
ist eine wichtige Technologieplatt-
form für die Entwicklung und De-
monstration CO2-freier Antriebs-
systeme in der Luftfahrt und hat
kürzlich mit mehr als 7.230 Fuß
einen neuen Höhen-Weltrekord für
wasserstoffelektrische Flugzeuge
aufgestellt. Die Ausstellung zeigt,
wie Wasserstoffflugzeuge in Zu-
kunft auf Kurzstrecken eingesetzt
werden können.
Foto: Messe-Berlin
Foto: Lilium
Bill Gates Engagement könnte das Projekt zum Erfolg führen
20.06.2022
Ein sehr effizienter Antriebsstrang soll der Schlüssel zum Erfolg sein
Investoren tun sich in der Regel
leichter, in Projekte zu investieren,
die spekulativ nach ihrer Ausfüh-
rung höhere Erträge erwirtschaften
als in konservative Anlagen. Das
gilt besonders beim Vergleich zwi-
schen eVTOL’s und fortschrittlichen
Passagierflugzeug-Entwicklungen.
Heart Aerospace, 2018 als Start-up
gegründet, will mit einem relativ
konventionellen Flugzeugentwurf
eines 19-sitzigen Commuterflug-
zeugs ES-19 (wir berichteten 2020
darüber) den Markt für kurze Strek-
ken erneut erobern. Es ist geplant,
das Flugzeug mit einem rein elek-
trischen Antrieb auszustatten. Das
schwedische Start-up mit Sitz in
Göteborg tritt dabei in die Fußstap-
fen des bekannten Saab-Flugzeug-
bauers. Saab hatte sein 34-sitziges
Turbopropflugzeug 1983 heraus-
gebracht. Zunächst mit Partner
Fairchild, die später auch bei einer
Kooperation mit Dornier strauchel-
ten, kam das erste Muster als
SF340 auf den Markt. Saab führte
das Projekt mit weiteren Versionen
fort (zuletzt Saab 2000). Nach 459
gebauten Exemplaren lief die Pro-
duktion 1999 aus.
Die sehr ehrgeizigen Pläne von
Heart Aerospace sind seit ihrer Fir-
mengründung in aller Stille weiter
fortgeschritten. Mit ganzen 2,5 Mil-
lionen Euro kamen zunächst nur
bescheidene Mittel aus einem EU-
Fördertopf. Um die gesteckten Zie-
le zur Entwicklung eines Flugzeugs
voranzutreiben, waren weitere fi-
nanzielle Mittel erforderlich. Das ist
offenbar gelungen. Zu den Investo-
ren von Heart zählen neben Break-
through Energy Ventures auch EQT
Ventures, European Investment
Council, Lower Carbon Capital, Me-
sa Air Group Inc und United Airlines
Ventures. Und im letzten Sommer
kamen für das Unternehmen weite-
re 35 Millionen US-Dollar in einer
Investitionsrunde unter der Leitung
von Bill Gates Klimafonds Break-
through Energy Ventures hinzu.
Mesa und United haben zusammen
platzierte Kaufaufträge zu Bedin-
gungen für 200 Flugzeuge mit Opti-
onen für weitere 100 Flugzeuge
unterschrieben. Heute beschäftigt
Heart 120 Mitarbeiter in seinen Bü-
ros und im Hangar am Flughafen
Säve in Göteborg, Schweden.
Einen ganz entscheidenden Schritt
unternahm aber das Heart Aero-
space damit, den spanischen Luft-
fahrt-Zulieferer Aernnova auszu-
wählen, um große Teile seiner in
Entwicklung befindlichen ES-19 zu
übertragen. Insgesamt wird Aern-
nova den Rumpf, die Flügel und
das Leitwerk aus Aluminium für den
19-Sitzer entwickeln. Heart sagt
jedoch, dass ein Vertrag für die
Herstellung der Strukturen Gegen-
stand eines späteren Wettbewerbs
sein wird. Aernnova arbeitet unter
anderem für Airbus A350 XBW,
Boeing 787-9, Pilatus PC-24, Em-
braer E170-190 und Bombardier
CRJ 700-900-1000 und ferner auch
Leonardo und Sikorsky. Dies ist
wohl ausreichende Kompetenz.
Wie die Heart schon zu Beginn an-
kündigte, baut man einen kleinen
maßstabsgetreuen Demonstrator
im Maßstab 1:5, der am 17. De-
zember vergangenen Jahres sei-
nen Erstflug machte. Das Flugzeug
flog mit einer Durchschnittsge-
schwindigkeit von 125 km/h
(77mph/68 kn) und eine Höchstge-
schwindigkeit von 150 km/h (93
mph/80 kn). Das Abheben und die
Landegeschwindigkeit betrug 85
km/h (53 mph/45 kn). Im Gegen-
satz zum späteren Original, das
konventionell aus Aluminium ge-
fertigt wird, ist das Subscale-Modell
aus einer Mischung aus Kohlefa-
ser- und Glasfaserverbundwerk-
stoffen hergestellt.
„Das dramatischste am Testflug
war, wie undramatisch er war. Der
Erprobungsträger hat genau so
funktioniert, wie wir es vorherge-
sagt haben – er ist mühelos durch
die Luft geflogen und das mit Prä-
zision vom Start bis zur Landung.
Dieser Testflug bestätigte, was wir
bereits wussten. Das aerodynami-
sche Design ist von Natur aus stabil
und sicher“, sagt Anders Forslund,
Gründer und CEO von Heart Aero-
space. „Wir wollen das Rad nicht
neu erfinden. Viele Start-ups stellen
sehr neuartige Flugzeuge vor Archi-
tekturen und verbrachten mehrere
Jahre mit Subscale-Tests, nur um
die Grundlagen und Funktionalität
des Flugzeugs zu demonstrieren.
Dieser Subscale-Demonstrator wur-
de unterstützt von der schwedisch-
en Innovationsagentur Vinnova, als
ein Teil des Forschungsprojekts
„Elise- Electric Aviation in Sweden“.
Wir haben diese Fallstricke ver-
mieden, indem wir uns auf ein kon-
ventionelles Flugzeugkonzept ver-
lassen haben“, sagte Forslund. „So
können wir können fast alle unsere
Ressourcen der formalen Entwick-
lung widmen - dieses Flugzeug
durch die Zertifizierung und in den
kommerziellen Dienst zu bringen.“
Ganz entscheidend für das ur-
sprünglich auf EASA CS 23 aus-
gelegte Zulassungsverfahren war,
dass man auf die Certification Spe-
cification CS-25 wechselte. Diese
Änderung ermöglicht es Heart
Aerospace, das Produkt zu opti-
mieren und regulatorische Risiken
so zu reduzieren, um in einen zu-
gänglicheren Markt zu gelangen.
Diese Änderung gilt auch für unse-
re internationalen Zertifizierungs-
validierungen, einschließlich der
gleichzeitigen FAA Zertifizierungs-
antrag, der für 14 CFR Part 25
statt 14 CFR Part 23 gilt.
„Die ES-19 hat klein als Nischen-
produkt für den nordischen Markt
angefangen, aber es stellt sich
heraus, dass es global eine höhere
Anziehungskraft besitzt. Die Reso-
nanz hat unsere Erwartungen
übertroffen“, sagte Forslund. „Um
einen breiteren Markt zu erreichen,
machen wir jetzt diesen großen
Schritt nach vorne.“ Die Änderung
der Zertifizierungsbasis wird die
Flexibilität erhöhen, um sich an
den globalen Markt anzupassen.
Ein neues Flugzeug, das nach 14
CFR Part 25 zertifiziert ist, darf
beispielsweise planmäßig im kom-
merziellen Betrieb in den Vereinig-
ten Staaten operieren. Das im
Gegensatz zu einem neuen Flug-
zeug, welches nur unter 14 CFR
Part 23 nicht möglich wäre.
Das sehr konservativ gestylte
Flugzeug ähnelt bis auf die vier
Motorgondeln sehr stark der Dor-
nier 328. Der Rumpf der E-19
misst etwa 17 m (56 Fuß) von der
Nase bis zum Heck und ist leicht
elliptisch, um das Innenvolumen zu
maximieren. Die Batterien werden
nicht im Rumpf des Flugzeugs un-
tergebracht, sondern in den Gon-
deln unter dem Flügel mit dem An-
triebsstrang. Die Spannweite der
Flügel mit Winglets beträgt 22 m
Spannweite.
Das Herzstück des ES-19 sind die
vier elektrischen Antriebsstränge.
Im Jahr 2020 demonstrierte Heart
Aerospace zum ersten Mal am
Boden die Funktion seines selbst
entwickelten elektrischen Antriebs-
systems, das aus einem selbstent-
wickelten 400 kW-Elektromotor,
einer Elektromotorsteuerung und
einem Batteriepack mit integrier-
tem BMS-System besteht. Die ers-
ten siebenblättrigen Propeller kom-
men übrigens von MT-Propeller.
Der Energiespeicherspezialist
Electroflight arbeitet außerdem im
Rahmen einer englisch-schwedi-
schen Forschungsinitiative an der
Entwicklung eines Batteriesystems
für das Flugzeug mit. Es sei jedoch
noch kein endgültiger Lieferant für
die Batterien ausgewählt worden,
teilte das Unternehmen mit.
Was den Stand der Batterietechnik
betrifft, so gibt sich Heart Aerospa-
ce optimistisch. So betragen die
Batteriekosten angeblich nur 2 Pro-
zent der Flugzeug-Gesamtkosten.
Zudem seien die Batteriekosten
seit 2010 um das Zehnfache ge-
sunken. Laut Bloomberg dürften
diese von heutigen 120 US-Dollar-
pro kWh bis zum Jahr 2030 auf
etwa 61 US-Dollar/kWh sinken.
Zudem sei es denkbar, dass die
Betriebszyklen von heutigen 1000
bis auf 3000 sich durch Feststoff-
batterien steigern könnten. Das
wird elektrisch betriebene Flugzeu-
ge immer lukrativer machen.
Dennoch müssten aber die Batte-
rien bei 10 Umläufen pro Tag mit
einem Elektroflugzeugs jährlich
ausgetauscht werden.
Foto: Messe Berlin
Das spektakuläre Flugzeug soll jetzt auch mit Wasserstoff betrieben werden
22.06.2022
Noch fliegt die Celera mit Kerosin. ZeroAvia will sie in einer Variante mit
Brennstoffzellen ausrüsten
ZeroAvia, die Pioniere auf dem
Sektor für Brennstoffzellen betrie-
bene Flugzeuge überraschen die
Fachwelt durch ständig neue Mit-
teilungen neuer Kooperationen. Auf
Basis eines für eine Piper Malibu
PA-46 entwickelten Brennstoffzel-
len-Systems versucht nun die Fir-
ma, das vorläufig noch nicht zuge-
lassene Antriebssystem ZA600
auch anderen Flugzeugherstellern
schmackhaft zu machen. Dazu ge-
hört auch neuerdings Otto Aviation
mit seiner sehr utopisch wirkenden
„Celera“. Das bahnbrechende Flug-
zeug, ein flugerprobtes Full-Scale-
Flugzeug, hat bereits Treibstoff-
und Emissionsreduktionen von 80
Prozent weniger als vergleichbare
Flugzeuge erzielen können.
Die Celera ist ein hochinnovativer
neuer Flugzeugtyp eines zukünftig
transkontinentalen Flug-zeugs mit
Heckpropeller-Antrieb, das auf 19
Passagiere skalierbar ist. Die Flug-
effizienz sei schon durch die kol-
bengetriebene Version erheblich
verbessert worden, wodurch die
Betriebskosten des Fliegens ge-
senkt werden konnten. Diese Kom-
bination erweitert ganz erheblich
die Möglichkeiten für den privaten
Luftverkehr. Zunächst sieht man
dessen Einsatz im Business-Be-
reich. Das fortschrittliche Flugzeug-
design von Otto bietet einen außer-
gewöhnlich geringen Luftwider-
stand über das gesamte Flugzeug.
Das Design des Celera-Rumpfs,
des Leitwerks und der Flügel nutzt
die laminare Strömung.
Die Laminarströmung ist bei dieser
Konstruktion die Lösung mit
minimalem Luftwiderstand für Flug-
zeugoberflächen und zeichnet sich
durch glatte Luftströmungsschich-
ten mit wenig bis gar keiner Ver-
mischung benachbarter Schichten
aus. In Verbindung mit äußerst
treibstoffeffizienten Antriebsyste-
men wird die Celera die Betriebs-
kosten erheblich senken und die
Reichweite im Vergleich zu ver-
gleichbaren Flugzeugen erhöhen,
während gleichzeitig ein optimaler
Passagier-komfort und eine optima-
le Frachtkapazität geschaffen wer-
den. Der Stand der Technik war
bisher, den deutschen bereits zu-
gelassenen Dieselflugmotor RED
A03 für die ersten Flugversuche
ein-zusetzen und diesen Motor
nach Kundenwunsch auch mit dem
Flugzeug zu zertifizieren. Der jetzi-
ge Prototyp ist mit einem fünfblätt-
rigen MT-Propeller ausgestattet.
Nach ersten Flugversuchen bestä-
tigte sich bei der Celera 500L, die
noch mit diesem Motor bestückt ist,
dass die Gleitzahl bei 22 liegt, ein
enormer Wert, der damit etwa das
Dreifache gegenüber Flugzeugen
gleicher Größenordnungen aus-
macht. Dieser hohe Wert ist auch
auf die große Flügelstreckung zu-
rückzuführen. Dazu kommt eine
Fluggeschwindigkeit von 460 kts.
und volle Stehhöhe für die 13 Pas-
sagiere. Zurzeit fliegt das noch fen-
sterlose Flugzeug als Experimental
in den USA. Die Version 500L soll
voll skalierbar sein.
Wenn die Celera mit einem elek-
trischen Antriebsstrang von Zero-
Avia angetrieben wird, soll sie
emissionsfreie Langstreckenflüge
ermöglichen und gleichzeitig die
Betriebskosten dank reduzierter
Wartungskosten und sinkender
Preise für den Wasserstoff als
Brennstoff weiter senken. Die be-
sondere Bauform des Celera-De-
signs eignet sich besonders zur
Unterbringung großer Wasserstoff-
tanks innerhalb des Rumpfes, was
eine Reichweite mit dem energie-
reichen Wasserstoff auf 1.000 See-
meilen ermöglichen wird - alles
ohne Klimaauswirkungen durch
Kohlenstoff- und Nicht-Kohlenstoff-
Emissionen (wie NOx, SOx und
Partikel).
Da CO2-Emissionen aus relativ
ineffizienter Hochtemperaturver-
brennung mehr als die Hälfte der
gesamten Klimaauswirkungen des
Luftverkehrs ausmachen, werden
wasserstoff-elektrische-betriebene
Langstreckenflugzeuge wie Celera
eine wichtige Rolle bei der Beseiti-
gung aller Klimaauswirkungen im
Luftverkehrs spielen.
Im Rahmen der Vereinbarung wer-
den Otto Aviation und ZeroAvia da-
ran arbeiten, die emissionsfreien
600 kW starken ZA600-Triebwerke
von ZeroAvia in das revolutionäre
Celera-Flugzeug von Otto Aviation
zu integrieren und serienreif zu ma-
chen. Die Zusammenarbeit hat das
Potenzial, die Celera zum ersten
neuen Flugzeugzellendesign zu
machen, das den emissionsfreien
Antrieb in seinen Standardtypen
nutzt.
Auf der kommende Farnborough
International Airshow (18.-22.Juli
2022) in Großbritannien soll die
„Celera“ bereits präsentiert werden.
Elektrisches Fliegen - die Zukunftsperspektive
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